La Nuit, Les Halles
Selbst eine Weile nach der Eröffnung des Les Halles
an diesem La Nuit-Abend war die Tanzfläche wie leer gefegt.
Die Gäste zwischen jüngeren und älteren Semestern
tummelten sich in der Lounge des alten Güterbahnhofs
und plauderten lieber miteinander als zu tanzen. Erst nach
Mitternacht bewegten sich viele Gäste in Richtung Tanzfläche,
und die Party konnte so richtig beginnen. Zu House und Classic
Tunes des DJ-Duos Heaven & Hell tanzte die Meute bis spät
in der Nacht durch – fast ohne Pause. [Nightscout]
Soweit also die Schilderung des offiziellen Nightscouts
der heimischen Tagespresse. Ich traf allerdings erst nach
Mitternacht ein, kann der Schilderung also nur wenig Erhellendes
beifügen...
Der gestrige Tag begann sehr entspannt, wie auch schon die
Tage zuvor. Ich schlief aus. Nach dem Aufstehen bereitete
ich ein großzügiges Frühstück zu: Kaffee
(klar!), Müsli mit Joghurt, Eier und Speck, Backbrot,
Obst - der pure Luxus.
Nach dem ausgiebigen Frühstück stieg ich unter
die Dusche. Danach fühlte ich mich schon fast wie ein
Mensch. Ich rubbelte mich ab, zog mich an und verließ
mit Bruce das Haus. Gemeinsam gingen wir runter zum Fluss.
Ich ließ die Häuser, die Menschen, die Straßen,
die Autos, die Stadt hinter mir. Es gab nur noch Bruce, den
unendlicher Himmel, den Wind, den schmalen Trampelpfad vor
mir und den mächtigen Fluss zu meiner Linken. Mehr Natur
darf ein Stadtbewohner nicht erwarten. Wunderbar.
Stunden später kehrte ich in meine Wohnung zurück
und setzte als erstes einen Kaffee auf. Die Hi-Fi Anlage ließ
ich 'Love Is Hell (part 1)' von Ryan Adams spielen. Ich setzte
mich mit meinem neuen Ritzenhoff-Kaffeebecher
aufs Sofa und entzündete eine Marlboro.
Ryan, Bruce und ich. Koffein, Nikotin und Rock'n'Roll. Ich
war entspannt. Zufrieden. Und fühlte mich schwerelos.
Ich dämmerte vor mich hin. Musik erfüllte den Raum.
Kaffee floss durch meine Blutbahn. Rauch füllte meine
Lungen. Unerwartet störte das Telefon.
Ich erschrak. Nahm trotzdem ab. Hörte. Sprach. Und verabredete
mich.
Etwa 40 Minuten später traf ich auf der Ratinger ein.
Die Uhr zeigte exakt 11:30 Uhr, als ich die Uel betrat.
Ich kann die Uel nicht leiden. Ich hasse sie sogar, um ehrlich
zu sein.
Die Kellner sind unangemessen unfreundlich, weil sie dem
Irrglauben verfallen sind, dass auch sie Köbese
seien. Das sind sie definitiv nicht!
In der Uel wird nur bekacktes Bier
ausgeschenkt. Egal ob Alt,
Pils oder Weizen.
Spielt alles keine Rolle. Nur eklige Billigmarken. Pfui Teufel!
Und über die Toiletten möchte ich erst gar nicht
sprechen, weil dort bekackt wortwörtlich zu verstehen
ist. Die Uel ist ein totales drecks Loch. Trotz allem ist
es dort immer rappelvoll. Mit normalen Mensche. Warum auch
immer? Ich verstehe es jedenfalls nicht! Ich hasse die Uel.
Abgrundtief!
Als ich die Uel betrat, erblickte ich augenblicklich die
beiden Menschen, weswegen ich überhaupt hier her gekommen
war: Rob und Nil
Die beiden empfanden ähnlich wie ich und so verließen
wir die Uel bereits nach einer Bierlänge. Ich hätte
Luftsprünge machen können.
Nil hatte noch ein Mädel im Schlepptau, dass ich noch
nicht kannte, aber attraktiv fand. Ich fand sie direkt noch
attraktiver und sympathischer, als sie ihre Abneigung gegenüber
der Uel wortgewand bekundete.
Zu viert (Nil, Rob, die Unbekannte und ich) fuhren wir zum
'Les Halles'.
Die Hallen (Les Halles) waren gut besucht
und aus den Boxen knallte ein cooler Groove. Als erstes entledigten
wir uns unserer Oberbekleidung und stürzten uns dann
augenblicklich ins bunte Treiben.
Ich stürzte zur Bar.
Mit einem frisch gezapften Bier
bewaffnet inspizierte ich die Hallen.
Das Publikum feierte sich selbst. Hübsche Menschen tranken
und lachten, tanzten und küssten. Partypeople. Ich gehörte
nicht dazu. Bewegte mich aber zwischen ihnen - mit einem antrainierten
Lächeln gerüstet.
Ich glitt durch die Massen. Dabei traf Ich auf Typen. Und
ich traf auf Frauen. Ich gab mich charmant. Small-Talk. Und
immer hatte ich ein Bier in der Hand.
Ich glitt immer tiefer durch die Menschenmenge. Immer auf
der Suche nach ihr - meiner Frau. Vielleicht würde ich
ja an diesem Abend diese besondere Frau kennen lernen, mit
der ich den Rest meines Lebens verbringen wollte.
Ich holte mir ein weiters Bier und stürzte mich wieder
in die Massen.
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