Kopfschmerzen
Ich wachte mit entsetzlichen Kopfschmerzen in einem klinischen
Krankenbett auf. Ich fühlte mich furchtbar. Aber meine
Erinnerung war zurückgekehrt, jedenfalls teilweise. Immerhin!
Ich hatte mich gestern mit einer klaffenden Kopfverletzung
selbst in dieses Krankenhaus eingeliefert.
Die Ärzte in der Notaufnahme untersuchten mich, rasierten
ein Viereck in mein Haupthaar und nähten die Platzwunde
am Hinterkopf mit zwölf Stichen. Danach behielten sie
mich zur Beobachtung für eine Nacht da.
Diagnose: Platzwunde am Hinterkopf. Verletzung
rührt von einem stumpfen Gegenstand. Nichts Ernstes.
Patient hat sich nicht übergeben und verspürte keine
Übelkeit, eine Gehirnerschütterung ist deshalb eher
unwahrscheinlich. CT unauffällig. Ruhe für die nächsten
Tage. Fäden werden in zehn Tagen (06.12) gezogen.
Bis auf die dröhnenden Kopfschmerzen fühlte ich
mich gut. Die fachärztliche Diagnose ließ all meine
Bedenken verschwinden. Ich konnte und ich wollte entlassen
werden. Nach der Visite des Stationsarztes durfte offiziell
das Krankenhaus verlassen. Ich zog mich an und verabschiedete
mich.
Ich machte mich zu Fuß auf den Weg nach Hause. Die
Sonne stand tief und blendete mich, was meine Kopfschmerzen
verstärkte. Aber es gab kein Entrinnen, denn ich hatte
keine Sonnenbrille zur Hand. Ich versuchte mit geschlossenen
Augen zu gehen, was damit endete, dass ich eine ältere
Dame unabsichtlich anrempelte, die mich daraufhin mit ihrem
Gehstock verprügelte. Es gab für mich keine Alternative,
ich musste mich der Sonne stellen.
Ich setze meinen Weg erhobenen Kopfes fort und dachte nach.
Natürlich werde ich nicht am 6.12. die Fäden
ziehen lassen. Der 6.12. ist Nikolaus und ein Samstag, das
war den Ärzten wohl entgangen. Woher stammte meine Verletzung?
Stumpfer Gegenstand. Aha! Was soll das bedeuten? Was für
ein stumpfer Gegenstand? Und warum? Was war geschehen?
Als ich mein Zuhause erreichte, bemerkte ich zahlreiche massive
Splitter auf dem Gehweg. Ich ging ein paar Schritte zurück
und sah mir das Dach an. Was ich sah, bestätigte meinen
Verdacht. Es fehlten vereinzelt Dachziegel.
Ich kombinierte: Vorgestern muss eine Böe einige lockere
Dachziegel heruntergeweht haben. Ein Ziegel traf mich am Kopf
und streckte mich nieder, als ich gerade das Haus betreten
wollte.
Ich stieg zufrieden die Stufen zu meiner Wohnung empor. Ich
hatte Kopfschmerzen, aber keine Gehirnerschütterung oder
gar etwas schlimmeres. Meine Wunde am Kopf ließ sich
ganz einfach erklären. Der ominöse stumpfe Gegenstand,
der sie verursacht hatte, war ein gewöhnlicher Dachziegel.
Ein banaler Unfall. Und meine Erinnerung war auch weitestgehend
wieder hergestellt.
Ich freute mich nun auf einen Kamillen-Tee mit Honig. Eine
Folge aus der Hörspielreihe 'Jonas,
der letzte Detektiv'. Auf mein eigenes Bett. Und auf Bruce,
der sich zu meinen Füßen kuschelte und sie wärmte.
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