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home » tagebuch » 17.10.2004
TAGEBUCH: 17.10.2004 notes of a dirty old man
Piercing
ZOOM: Piercing Zoom

Piercings

"Denn der einzige Grund für das Leben oder eine Geschichte ist doch: Was passiert als nächstes?" [Jack Kerouac]

Als ich heute morgen aufwachte, hatte ich nicht nur einen mördermäßigen Kater, ich fühlte mich auch ansonsten wie ein weggeworfenes Kaugummipapier. Als ich mich im Spiegel betrachtete, erkannte ich mich nicht wieder, ich erkannte nur, dass ich meine Selbstachtung verloren hatte.

Mein Lebensstiel war nicht gesund. Um das zu erkennen, musste man weder ein Arzt noch eine besonders helle Leuchte sein. Ich schlief zuwenig, trank zuviel Kaffee und rauchte mehr als eine Diesellok. Ich ernährte mich nachlässig durch Tiefkühlkost oder Fastfood. Und die paar Vitamindragees, die ich unregelmäßig zu mir nahm, dienten doch eher dazu, mein Gewissen zu beruhigen, als meinem Körper lebenswichtige Spurenelemente zuzuführen. Außerdem trank ich zuviel.

Mein Kater kam ja nicht von ungefähr, ich hatte ihn teuer mit Euros bezahlt. Gestern war ich mal wieder maßlos und weder Geld noch Vernunft spielten eine Rolle. Zugegeben, ich hatte meinen Spaß, auch wenn das heute alles keine Bedeutung mehr hatte.

Der eigentliche Samstagabend begann wieder im 'Ohme Jupp'. Meine Vorbehalte gegenüber dieser Lokalität wurden immer belangloser, ich gab mich den offensichtlichen Vorteilen hin, den weiblichen Gästen.

Wie schon eine Woche zuvor betranken Jeff, Cris und ich uns hier. Es waren noch ein paar andere Gestalten anwesend, zu denen ich aber keinen Kontakt fand.

Gegen zwölf Uhr verließen wir das 'Ohme Jupp', um ins 'Night Live' zu gehen. Das vergangene Wochenende schien sich zu wiederholen. Der heutige Abend war ein Zwilling zum vergangenen Samstagabend. Allerdings gab es einen entscheidenden Unterschied, diesmal spielten Appel Jack im 'Night Life'. Das versprach neben ein paar guter Songs auch eine ausgelassene Stimmung.

Das 'Night Life' war natürlich wieder gerammelt voll, als wir eintrafen. Wir hatten unsere Schwierigkeiten, einen günstigen Stehplatz zu finden. Das alles war mir aber völlig egal, ich löste mich von meinen Freunden und tauchte in die Masse ein.

Apple Jack spielten die Hits von den ganz Großen (Sweet Home Alabama, Ironic, Paradise City...) und machten dabei eine gute Figur. Das Publikum war angetan, enthemmt und rockte. Ich machte das Spiel mit. Zwischen den Song ließ ich es mir nicht nehmen aus voller Kehle immer wieder 'Astrid', den Nahmen der Sängerin, zu brüllen. Natürlich stimmten ein paar Besoffene mit ein, was Astrid deutlichst verunsicherte. Die aufblitzende Verlegenheit machte sie nur noch attraktiver, was eigentlich überhaupt nicht nötig war. Astrid sah wieder mal zum Anknabbern aus. Sie trug ein bauchfreies Top zu einer knallengen Jeans. Zur Musik bewegte sie sich exponiert, fast wie eine Go-Go-Tänzerin. Ich war mir sicher, dass 90% der männlichen Zuschauer sich ein Kind oder zumindest eine Nacht mit ihr biergeil wünschten.

Ich wünschte mir eigentlich nur eine permanente Bierversorgung und mein Wunsch wurde mir auch prompt erfüllt. Cris kam immer wieder mit vollen Gläsern zu mir rüber. So konnte ich mich lückenlos betrinken und gleichzeitig im Meer aus losgelöster Stimmung baden.

Es blieb nicht aus, dass ich immer betrunkener wurde. Irgendwann war dann auch alles egal. Ich führte wieder mal meinen Zigaretten-Trick vor, bei dem ich mir eine glühende Zigarette mit der Glut voran in den Mund steckte, so dass nur noch der Filter zwischen meinen Lippen rausguckte. Plötzlich griff eine Hand nach meinem Nacken und zog meinen Kopf runter. In diesem Moment verlor ich den Überblick. Ich sah nur noch, wie sich mir das Gesicht einer fremden Frau näherte. Sie stieß mit ihrem Mund auf das herausstehende Filternde der Zigarette und blies kraftvoll hinein. Beißender Rauch reizte meinen Mundraum und meinen Gaumen. Ich unterdrückte einen kehligen Hustenanfall. Stattdessen musterte ich das weibliche Wesen, dessen Lippen nur wenige Zentimeter von meinen entfernt waren.

'Ja, vielen Dank! Die Funken haben mir den ganzen Gaumen verbrannt!'

'Das tut mir leid, das wollte ich bestimmt nicht. Ich dachte, wer so eine Show abzieht, der ist ein Zauberer!'

'Möchtest Du echte Magie erleben?'

Ich wartete nicht auf eine Antwort, sondern spuckte die Zigarette auf den Boden und umfasste ihren Kopf zärtlich mit beiden Händen. Dann neigte ich mich zu ihr und führte meine Lippen ganz langsam zu ihren. Als wir uns trafen, verloren wir beide jegliche Zurückhaltung. Wir pressten uns aneinander. Unsere Zungen tanzten miteinander und umeinander. Wir verbissen uns, wie tolle Hunde. Hände wanderten, spürten, griffen, entdeckten streichelten und liebkosten.

Nach einer wohligen Ewigkeit ließen wir von einander ab und unterbrachen unser intensives Kennenlernspiel. Wir schauten uns tief in die Augen und grinsten uns an.

'Hi! Schön, dass ich Dich hier getroffen habe, ich darf mich Dir vorstellen, ich heiße Hank.'

'Hallo Hank! Ich bin die Niki und ich freue mich auch, Dich hier zu sehen!'

Während sie das sagte, fing sie an, meinen Bauch zu massieren. Sie tastete, kniff und streichelte mir über den Bauch, was sich alles gut anfühlte.

'Was machst Du?'

'Du hast einen Bauch!'

'Natürlich habe ich einen Bauch! Jeder Mensch hat einen Bauch. Willst Du mir auf Deine unnachahmlich charmante Art mitteilen, dass ich fett bin?'

'Du hast einen Bauch!'

'Ja, das wäre geklärt!'

Sie lächelte mich an, und es war ein Lächeln, für das ich hätte töten können. Währenddessen kniff sie mir weiterhin in den Bauch.

'Du hast einen Bauch!'

'Ja, ich habe einen Bauch! Ich bin eine fette Sau! Ich dachte eigentlich, das wussten doch schon alle, aber ich kann es auch gerne noch herausschreien. Aber bitte verlang nicht von mir, dass ich sage, dass ein Mann ohne Bauch genauso hilflos ist, wie ein Fisch ohne Fahrrad. Das wäre mir dann doch zu lächerlich.'

'Du hast einen Bauch!'

'Ja! Jeder Mensch hat einen Bauch. Du doch auch!'

'Dein Bauch ist geil! Nicht zuviel. Genau richtig, damit eine Frau etwas zum anfassen hat. Aber Du hast kein Piercing! Guck mal! Ich hab eins!'

Sie zog ihr T-Shirt leicht hoch und zeigte mir ihren Bauchnabel durch den ein Ring gestochen war. Im selben Augenblick ließ ich mich auf die Knie sinken und berührte ihren Bauch mit meinen Lippen und meiner Zunge.

Der Abend schritt voran. Apple Jack berockte das Night Life und die anwesenden Menschen swingten mit. Ich machte mit. Ich trank immer mehr Bier und verbiss mich immer mehr in Niki.

Zwischenzeitlich dachte ich über Piercings nach. Meine Gedanken überraschten mich, denn sie waren noch recht unausgegoren. Ich hatte mir zu diesem Thema eigentlich noch nie ernsthafte Gedanken gemacht. Meine vorläufige Meinung war dieselbe, wie bei Tatoos. Einen schönen Menschen konnten sie an der richtigen Stelle schmücken. Leider gab es auch Menschen, die ihren Körper völlig falsch einschätzten und bei denen sowohl eine Tätowierung als auch ein Piercing kontraattraktiv wirkte. Außerdem waren Zungenpiercings beim Küssen sehr anregend, was ich während einer Feldstudie ermittelt hatte.

Nikis Bauchpiercing empfand ich als sehr sexy. Aber wahrscheinlich war es weniger der Ring durch ihren Bauchnabel, als viel mehr der Bauch bzw. die Person und ihre lästernde Küsse. Ich war auf dem besten Weg mich zu verlieben.

'Hank, wo wohnst Du? Wohnst Du zufällig in Frankfurt?'

'Frankfurt? Wie kommst Du jetzt auf Frankfurt? Nein, ich wohne hier! Was soll das Gerede über Frankfurt?'

Ich versuchte Niki zu küssen, aber sie wich mir aus.

'In Frankfurt lebt mein Freund.'

Sie machte eine Pause, lehnte sich zurück an die Wand, verstränkte ihre Arme vor der Brust und musterte mich mit traurigen Augen. Ich spürte, wie ihre hilfesuchenden Blicke, wie Faustschläge auf mich niederprasselten, aber sie waren nicht hart genug, um mich niederzustrecken. Ich steckte alles ein, ohne ins Wanken zu geraten, um die baluen Flecken würde ich mich später, wenn ich wieder für mich alleine sein würde, kümmern. Aber in diesem Moment war ich aufrecht, wie eine 100jährige Eiche.

'Hank, sei jetzt nicht sauer! Sei bitte nicht böse auf mich!'

'Niki, ich verstehe zwar gerade überhaupt nicht, was abgeht, aber ich bin doch nicht sauer. Guck Dich um, wir alle sind hier, um Spaß zu haben und ich hatte bisher eine Menge Spaß. Ich hätte gerne noch mehr Spaß - mit Dir. Aber wenn nicht, dann wünsche ich uns beiden, dass wir noch anderweitig Spaß haben werden.'

'Du bist echt ein Zauberer, was das küssen angeht.'

'Fühl Dich verzaubert! Und hab Spaß!'

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