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home » tagebuch » 15.08.2004
TAGEBUCH: 15.08.2004 notes of a dirty old man
Apple Jack
Apple Jack rocken das Night-Live

Rockin' Harvey

Es war mal wieder Wochenende und ich hatte genau zwei Möglichkeiten: verkriechen und Wunden lecken oder (r)ausgehen und am Leben teilnehmen.

Na ja, eigentlich hatte ich gar keine Wahl, denn ich erwartete einen alten Freund zu Besuch: Harvey. Es war äußerst unwahrscheinlich, dass er den weiten Weg gemacht hatte, um mit mir Trübsal zu blasen. Ich räumte auf, packte all meine düsteren Gedanken zusammen und spülte sie in der Toilette herunter. Danach dachte ich an das Wiedersehen mit Harvey und polte mich auf Vorfreude um.

Wir hatten uns bestimmt seit einem Jahr nicht mehr gesehen. Das letzte gemeinsam getrunken Bier lag noch länger zurück, es gab also einiges nachzuholen. Den Kontakt hatten wir allerdings nie verloren. Wir standen die ganze Zeit locker, unkompliziert und dem Zeitgeist entsprechend per Telefon und E-Mail im regen Kontakt.

Harvey traf irgendwann am späten Samstag- nachmittag bei mir ein. Er sah aus wie immer und war auch noch genauso drauf. Es war, als ob wir uns erst vor einer Woche das letzte mal gesehen hätten.

'Hi, Harvey, alter Punkrocker! Komm rein. Leg ab! Wie wäre es mit einem kalten Bier zur Erfrischung, Du siehst etwas verschwitzt aus?'

'Hi, Hank! Du kennst mich, da sage ich bestimmt nicht Nein!'

Harvey warf seine Tasche und seinen Rucksack auf den Boden und ging ins Bad, um sich zu erleichtern und sich frisch zu machen. Ich ging währenddessen zum Kühlschrank in der Küche und holte uns zwei Flaschen Pilsbier. Fast zeitgleich trafen wir wieder im Wohnzimmer ein.

'Prost! Auf einen guten Abend!'

'Prost! Ich freue mich, dass Du mal wieder hier bist! Auf Dich!'

Wir ließen die Flaschen lautstark gegeneinander klirren.

'Sag schon, wie geht es Dir? Wie war die Fahrerei hierher?'

'Ach, hör auf! Auf der Autobahn lief alles glatt, aber hier in der Stadt... Ich habe mich brutal verfahren. Totale Scheiße! Ich muss gleich auch noch mal unter die Dusche, ich bin verschwitzt wie ein Marathon-Läufer. Ich hätte bestimmt schon vor einer Stunde bei Dir sein können...'

'Da kann ich nicht mitreden. Ich fahre Fahrrad oder Zug oder Taxi.'

'Deshalb habe ich Dich ja auch erst gar nicht angerufen. Du hättest mich doch eh nur wieder über Fahrradwege gelotst, die ich nicht hätte befahren dürfen. Sag mal, warum hast Du eigentlich nie den Führerschein gemacht?'

'Warum hätte ich? Es gab nie eine Notwendigkeit. Und ich bin ja sogar der Überzeugung, dass das eine überaus wirtschaftliche Entscheidung war. Ich musste nie Geld für einen PKW ausgeben. Ich bezahle keinen Unterhalt, also keine Kraftverzeugsteuer und keine Versicherung. Und tanken tue ich auch nicht. Stattdessen fahre ich Fahrrad und hin und wieder Taxi oder Zug. Ich glaube, letztendlich spare ich eine Menge Geld und außerdem brauche ich nicht auf meine Promillewerte zu achten. Prost.'

'Du bist ziemlich schräg drauf. Vielleicht hast Du ja sogar Recht. Aber es ist doch schon ungewöhnlich, um nicht zu sagen, schrullig. Und sonst? Wie geht es Dir?'

'Welche Antwort hättest Du denn gerne? Die unkomplizierte oder die ehrliche?'

'Natürlich die ehrliche, in einer unkomplizierten Ausführung!'

'Na ja, wie soll ich sagen? Ich bin froh, dass Du hier bist und ich freue mich auf den Abend! Ansonsten hänge ich ein bisschen zu sehr in den Seilen. Ich bin richtiggehend sauer auf mich selber, dass mich diese ganzen verkorksten Weibergeschichten so sehr runterziehen und ich mich so hängen lasse.'

'Du meinst Deine Trennung von Julia? Aber die ist doch schon ewig her.'

'Es ist ja nicht nur Julia, auch Luci und Veronica oder auch Laura. Ich baue in letzter Zeit wirklich richtig große Scheiße.'

'Mann! Du hast ja ein Harem!'

'Quatsch! Es gab nie zwei Frauen zur gleichen Zeit. Hank ist treu. Ich verliebe mich nur einfach gerne. Ich mag die Frauen. Ich mag, wie sie riechen und wie sie schmecken. Sie inspirieren mich. Ich bin fasziniert von ihren Gedanken, auch wenn ich sie niemals wirklich verstehen werde. Frauen sehen die Welt auf eine ganz andere, auf eine unmännliche, Weise. Das ist ein berauschender Quell von fantastischen An- und Einsichten. Irgendwie wird dadurch der eigene Blick auf die Welt ein wenig schärfer.'

'Wou!'

'Du sagst es! Wou! Lass uns das Thema wechseln, sonst werde ich noch schwermütig. Noch ein Bier?'

'Aber immer, ich bin doch nicht zum Spaß hier!'

Ich ging die paar Schritte rüber zur Küche und holte noch zwei Flaschen aus dem Kühlschrank. Bruce folgte mir und sprang mich schwanzwedelnd an. Ich verstand und füllte seinen Fressnapf mit leckerem Chappy auf. Er ließ von mir ab und stürzte sich sogleich auf die Fleischbrocken. Dann kehrte ich zurück ins Wohnzimmer und zu Harvey.

'Hier Dein Bier!'

'Danke! Aber sag mal, wie kommt es, dass Du reihenweise die Frauen abschleppst, sie aber immer wieder vergraulst?'

'Danke, Harvey! Ich dachte eigentlich, wir wollten das Thema wechseln.'

'Machen wir ja auch gleich...'

'Es ist doch gar nicht so, dass ich "reihenweise die Frauen abschleppe", mit Luci lief z.B. nie etwas. Na ja, und Veronica kannte ich doch eigentlich gar nicht.'

'Und was war mit Laura?'

'Keine Ahnung, die war psycho. Die knabberte noch an ihrer Ex-Beziehung, oder so was. Ich weiß es nicht, aber ich habe auch nie behauptet, dass ich die Frauen verstehen würde.'

'Ach, komm, alter Frauenflüsterer.'

Harvey streckte mir seine Bierflasche hin und wir ließen wieder das Glas aneinanderklirren.

'Prost! Und jetzt kommt die letzte und unangenehmste Frage. Danach können wir dann auch gerne das Thema wechseln.'

'Schieß schon los, alte Nervensäge!'

'Was lief mit Julia falsch?'

'Du, ich kann es Dir nicht sagen. Wirklich nicht. Erst bekam ich den Koller. Und dann... Ich hab keine Ahnung... Sie sagte, ich sei ihr zu glatt, sie könnte sich an mir nicht reiben. Sie wäre es leid, meine Gedanken zu erahnen bzw. erraten... Immer nur zu warten, bis ich mal endlich aus dem Quak kommen würde. Harvey, ich verstehe es nicht. Ich komme damit nicht klar. Ich dachte, sie wäre die Frau. Aber das ist Vergangenheit. Das habe ich inzwischen begriffen, nun muss ich es nur noch mit dem Herzen fühlen.'

'Hank, schon gut. Nun also endlich der versprochene Themenwechsel.', Harvey drehte sich zu seinem Rucksack und beförderte eine Flasche hervor. 'Hier, ein Geschenk für Dich!'

'Der gute alte Grasovka mit dem original Büffelgrashalm! Du spinnst doch! Na dann, Attacke!'

Ich stand auf und holte zwei Schnapspinnchen aus dem Regal. Ich stellte die Gläser vor uns auf, öffnete die Flasche und schenkte uns den 40% vol Wodka ein.

'Du willst es heute echt wissen, oder?'

'Ich bin nicht zum Spaß hier! Wohl bekomms!'

Wir exten die Schnäpse und Harvey beugte sich wieder über seinen Rucksack! Er wühlte und zog wieder etwas hervor.

'Du hast ja ein HITLIST-Abo. Ich war mal wieder fleißig. Hier, für Dich.', Harvey überreichte mir drei CDs.

'Du bist total bekloppt! Vielen Dank, über neue Musik freue ich mich immer!', ich lehnte mich zurück, nahm mir Zeit und bestaunte die selbst gemachten CDs in meinen Händen. Die Musik kannte ich überwiegend nicht. Aber ich hatte auf Harveys HITLIST schon darüber gelesen, nun war ich natürlich doppelt gespannt. 'Vielen Dank! Das ist ein großartiges Geschenk! Die werde ich mal ganz in Ruhe hören und Dir Rückmeldung geben. Lass uns mal langsam aufbrechen...'

Wir tranken noch hastig unsere Biere aus und verließen dann meine Wohnung, um uns in das samstägliche Nachtleben - saturday night live- zu stürzen. Der Sturz war rasant und bodenlos. Während unseres Falls nahmen wir alles mit, was sich uns anbot oder sich uns in den Weg stellte.

Auf der Ratinger tranken wir überschwänglich billiges Kiosk-Bier (1,50 Euro die Flasche!) und sprachen ebenso hemmungslos wildfremde Frauen an. Ein großer Spaß. Irgendwann, es muss bereits 2 Uhr nachts gewesen sein, zogen wir ungeküsst und betrunken weiter in die Heavy-Kneipe Papidoux. Wir ignorierten die steinzeitlichen Instinkte und Selbsterhaltungstriebe, sondern bestellten weiterhin eifrig Alkohol, anstatt die Flucht ins rettende Bett zu ergreifen. Aber da sich das Papidoux nicht gerade als Single-Börse herausstellte, wechselten wir über zum NIGHT-LIVE, wo die nur regional bekannte Cover-Band APPLE-JACK sich den Arsch abspielte. Dem Publikum gefiels und uns auch, wir tranken tapfer weiter.

APPLE-JACK waren alte Bekannte, ich hatte sie schon ein paar Mal hier im NIGHT-LIVE erlebt und das gab mir eine unbestimmte Vertrautheit. Ich fühlte mich geborgen. Ich bestellte gerade neues Bier für Harvey und mich, als mich unerwartet die Wirkung des Alkohols wie ein Schlag traf. Meine Beine knickten ein und ich kippte nach vorne um. 'Baum fällt!' Mein Körper schlug ungebremst auf den Boden. Der Boden gab nach und verschlang mich. Ich fiel immer tiefer. Ich fand keinen Halt. Dunkelheit umgab mich. Die Lichter erloschen langsam, bis sich mein Bewusstsein endgültig verabschiedete und ich starr auf dem Boden lag und nur noch träumen konnte. Von Julia. Von einer Hochzeit. Von einer Braut in Weiß. Von Haaren, die über die Jahre ergrauten. Von einer gemeinsamen Zukunft und einer glücklichen Vergangenheit...

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