Coffee & Cigarettes
Es ist wie bei einem Junkie. Den schönsten Moment verspürt
man mit seiner ersten Zigarette zum Kaffee am Morgen. Eine
Kombination, die nach stundenlangem Entzug durch Schlaf erst
richtig die Sinne belebt. Dieses Gefühl vermissen sogar
Leute, die schon lange das Rauchen aufgegeben haben.
Ich sank noch etwas tiefer in die Sofakissen, als sich meine
Lungen mit Rauch füllten. Nach einer kleinen Ewigkeit
atmete ich wieder aus. Ein leichter Schwindel machte sich
kurz bemerkbar, dann spürte ich die anregende Wirkung
des Nikotins. Ich griff nach der Kaffeetasse und nahm einen
mächtigen Schluck. In meinem Körper breitete sich
ein warmes Wohlgefühl aus. In diesem Moment spürte
ich, wie das Leben in meinen müden Körper kroch.
Seit Tagen war ich nicht zur Ruhe gekommen. Umso mehr genoss
ich jetzt diesen scheinbar unbedeutenden Augenblick: Kaffee
und Zigarette. Ich atmete tief durch, die Spannung in meinem
Körper wich allmählich und die Gedanken in meinem
Kopf schlugen nur noch Purzelbäume und nicht mehr Saltos.
Ich hatte mich mit Luci auf einen turbulenten und selbstverachtenden
Party-Trip begeben. Alles fing mit dem Besuch der Kirmes
an. Als ich Luci und ihre drei Begleiterinnen traf, erschauderte
ich vor der offensichtlichen sexuellen Energie, die in der
Luft lag. Die geballte Weiblichkeit und der Lebenshunger der
Frauen schüchterte mich ein. Andererseits war ich fasziniert
und elektrisiert. Ich erkannte die tausend fantastischen Möglichkeiten,
die dieser Abend und diese Konstellation boten. Alles schien
möglich. Und hatte ich nicht behauptet, dass ich bereit
sei?
'Ich bin bereit!', sagt sich so einfach und ich muss zugeben,
dass mich der Machoismus getrieben hatte, als ich dieses vollmundige
Versprechen machte. Ich dachte nicht daran, was daraus entwachsen
könnte. Wahrscheinlich dachte ich gar nicht.
Luci und ihre Freundinnen schnappten mich und zerrten mich
in jedes Karussell, das versprach einem die Magenwände
nach Außen zu kehren. Ich machte alles mit. Schließlich
wollte ich mir vor diesen vier wahnsinnigen Grazien keine
Blöße geben. Ich war härter als sie, das wollte
ich mir und ihnen beweisen. Ich war schließlich der
Mann.
Als wir nach etwa tausend Loopings endlich in einem Bierzelt
einkehrten, glaubte ich mich auf sicherem Boden. Keine dieser
Frauen mit ihren Modellfiguren würde mir auf diesem Parkett
das Wasser bzw. das Bier
reichen können. Ich bestellte die erste Runde und danach
hemmungslos jeder weitere. Sobald ein Glas leer war, schrie
ich dem Köbes
hinterher und verlangte nach Nachschub. Mir schmeckte es.
Ich war durstig. Und im Wahn. Meine Taktzahl war schlichtweg
unvernünftig, während die Mädels ein Bier tranken
schüttete ich drei in mich rein. Nebenher bestellte ich
zusätzlich noch Killepitsch.
Gegen ca. 2 Uhr erloschen die Lichter der Kirmes endgültig.
Eigentlich war es längst Zeit für mich mein Bet
aufzusuchen, aber dieser Gedanke kam mir nicht. Ich war schändlichst
betrunken und hatte die Müdigkeit niedergekämpft.
Durch die Sauferei hatte ich alles Irdische hinter mir gelassen
und mich in eine Parallelwelt katapultiert.
Als die Mädels vorschlugen, in der Altstadt weiter zu
rocken, folgte ich. Hören heißt gehorchen. Wir
suchten das 'Baby Love' auf. Der Türsteher musterte mich
und es dauerte keine Augenaufschlag bis er die Situation erkannte.
'Ihr könnt gerne reinkommen. Aber der besoffene Penner
bleibt draußen!'
Luci legte ihr attraktivstes Lächeln auf: 'Lass ihn
auch rein. Ich kümmere mich um ihn. Ich verspreche Dir,
er wird keinen Ärger machen.'
Lucis Lächeln wirkte, der Türsteher trat einen
Schritt zur Seite und gewährte uns Einlass. Ich stolperte
ein, blickte mich um, versuchte mich zu orientierte und steuerte
umgehend einen freien Platz am Tresen an. Meine Beine waren
schwer und ich spürte meinen Körper nicht mehr,
so dass ich mich wie ein Astronaut auf dem Mond bewegte. Mir
schien es, als ob alle Blicke auf mich gerichtet seien. Ich
erinnerte mich an eine Songzeile von Nirvana:
'Just because you're paranoid - Don't mean they're not after
you'. Schweiß trat aus meinen Poren und mir wurde unangenehm
heiß.
Als ich endlich den freien Hocker erreicht hatte, gab ich
mir besondere Mühe damit ihn zu erklimmen. Ich war mittlerweile
schon so betrunken, dass ich meinem natürlichen Balancegefühl
nicht mehr traute.
Ich bestelle mir einen Wodka Red Bull mit der Hoffnung, dass
mich die geballte Dosis Taurin bzw. Koffein ernüchtern
würde. Noch bevor ich den Drink serviert bekam fiel ich
wie ein nasser Sack vom Hocker. Ich schlug hart auf. Während
ich auf dem dreckigen Boden zwischen ausgetretenen Kippen
lag verdunkelte sich die Welt. Ich entschwand und träumte
von einem heißen Kaffee und von Zigaretten...
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