Wunden lecken
Nach der ersten Nacht im eigenen Bett denke ich immer häufiger
darüber nach, ob es eine gute Idee war, aus dem Krankenhaus
zu türmen.
War es natürlich nicht! Jede Regung, jede Bewegung verursachte
bisher ungeahnte Schmerzen. Also versuchte ich möglichst
ruhig dahin zu vegetieren, aber selbst das Atmen trieb mich
fast in einen Heulkrampf.
Die ersten Stunden in meinen eigenen vier Wänden waren
ja noch ganz lustig. Ich konnte rauchen, Bier
trinken und laute Musik hören. Aber je länger ich
hier war, umso schlechter fühlte ich mich. Wahrscheinlich
ließ langsam die Wirkung der Drogen, Morphium oder Novokaine
oder was auch immer die Ärzte mir verabreicht hatten,
nach. Ich versuchte diesen Effekt mit einem großzügigen
Cocktail aus Aspirin und Paracetamol (härteren Stoff
bot meine - auf gewöhnlichen Kater ausgelegte - Hausapotheke
nicht) zu kompensieren. Das alles goss ich mit reichlich Alkohol,
in einem Regal fand sich eine Flasche vom blauen Smirnoff,
hinunter.
Ich war ziemlich schnell besoffen, aber leider noch immer
nicht schmerzfrei. Trotzdem schlief ich erschöpft und
betrunken ein. Ich träumte nicht.
Am Morgen, ich hatte gerade mal vier Stunden geschlafen,
wachte ich schwitzend vor Schmerzen auf. Das einzige, was
noch unerträglicher war als die Schmerzen, war mein Atem.
Ich roch und schmeckte wie ein russischer Schwarzbrenner.
Mich umgab eine Wolke aus Wodka.
Das Aspirin und Paracetamol hatten immerhin dafür gesorgt,
dass ich keine erwähnenswerten Kopfschmerzen hatte. Aber
ansonsten fühlte ich mich, als ob eine Rinderherde über
mich hinweg galoppiert wäre.
Das erste was ich tat, nachdem ich mich langsam und sehr
umständlich aus meinem Bett erhob, war spucken.
Ich schleppte mich zum Waschbecken und beugte mich darüber.
Mein Oberkörper fühlte sich wie eine ausgequetschte
Zitrone an. Ich fixierte den Abfluss und versuchte möglichst
flach zu atmen. Tränen schossen mir in die Augen, während
ich unaufhaltsam hustete und das Waschbecken sich mit Blut
füllte.
Ich bekam Angst. Panische Angst! Und eins wurde mir klar,
ich musste in ein Krankenhaus, wenn ich diese Sache heil überstehen
wollte.
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