Sie haben so viel Liebe gegeben, Herr Kinski!
Hätte ich Eier, wäre mit Julia schon lange Schluss.
Leider hatte ich keine. Oder ich war zu höflich. Oder
mir war die ganze Situation einfach zu bequem.
Ich ging gestern mit Julia ins Theater. Dieser Termin war
schon seit Wochen verabredet. Mir blieb also gar nichts anderes
übrig. Es sei denn, ich würde mich wie ein echtes
Arschloch aufführen.
Julia brachte noch eine Freundin mit. Die Freundin war nett.
Und attraktiv. Ich überlegte kurz, ob ich sie ficken
wollte. Natürlich wollte ich.
Als ich aber Zeuge wurde, wie vertraut Julia und ihre Freundin
miteinander umgingen, verflogen meine Phantasien. Und ich
landete hart auf dem Boden der Realität.
Julia, ihre Freundin und ich gingen gemeinsam ins Theater.
Ich fühlte mich so verloren. Julia hatte Verstärkung
an ihrer Seite. Ich nicht. Ich war alleine. Mit meinen Zweifeln.
Meinen Gedanken. Und den Mädels. Ich war im Vorhof zur
Hölle angelangt.
Das Theaterstück war mir so etwas von egal. Ich fühlte
mich nur unwohl. Meine Gedanken spielten 'Fang mich!'.
In einer dramaturgischen Pause, in der die Schauspieler schweigend
aufs Publikum starrten, legte Julia ihre Hand auf meinen Oberschenkel.
Die Berührung erregte mich und gleichzeitig brachte
sie mich zur Explosion. Ich sprang auf und schrie durch den
Saal:
'Lass mich! Ich will nicht mit Dir ficken! Es ist aus!'
Wie Nadelstiche trafen mich die Blicke der übrigen Zuschauer.
Aber am schmerzhaftesten traf mich Julias Blick. Er durchbohrte
meinen Schutzwall aus Coolness und stieß in mein Innerstes.
Ich stürmte raus, ohne mich um zu sehen und rannte durch
die Nacht...
...und fühlte mich wie ein Arschloch.
Sie haben so viel Liebe gegeben, Herr Kinski!
2. Juli 1977 - Showdown im Studio B des WDR.
Ein Mann soll interviewt werden, von dem man »in Deutschland
schon länger nichts mehr gehört« habe: Klaus
Kinski. Tatsächlich gelingt es Talkshow-Moderator
Münchenhagen dann, eine einzige Frage zu stellen. Was
danach kommt, gehört zu den denkwürdigsten Beispielen
von Nicht-Interviews, die jemals im deutschen Fernsehen zu
sehen waren. Im FFT ist eine Wiederbelebung durch Kathrin
Röggla nach einer Idee von Leopold von Verschuer (Kinski)
zu sehen. Die Autorin hat zu dem nachgestellten Interview
einen negativen szenischen Rahmen erfunden: Eine Journalistin
überrollt ihren Interviewpartner mit kulturwissenschaftlichem
Overkill. Ein Moderator versinkt im Morast des Selbstgesprächs...
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