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home » tagebuch » 19.10.2003
TAGEBUCH: 19.10.2003 notes of a dirty old man
Mengwasser

Ein softer Abend

Und schon wieder war ich im Mengwasser gelandet. Ich weiß nicht, was mich immer wieder hier her treibt. Eigentlich weiß ich es ganz genau: Cris und Caro

Meine Wohnsituation ist ein Grauen. Ich bin zurzeit ein Gast von Cris. Ich schlafe auf der Couch im Wohnzimmer und lebe aus dem Koffer.

Ich kann mich dankbar schätzen, dass Cris mich aufgenommen hat. Aber ich fühle keine Dankbarkeit. Mir geht hier wirklich alles total auf den Sack.

Ich bin hier halt nur Gast in einer fremden Wohnung. Ich gehöre nicht wirklich dazu und ich gehöre da auch nicht wirklich rein. Cris ist zwar umgänglich, aber ich merke halt schon, dass es so kein Dauerzustand sein kann. Gäste gehen irgendwann. Und ich werde am nächsten ersten auch endgültig gehen.

Aber fürs erste ging ich erst einmal wieder ins Mengwasser, um der Liebesidylle von Cris und Caro zu entgehen.

Ich malte mir aus, dass wenn ich mal alleine in einer Kneipe wäre, die Chancen viel besser ständen, meine zukünftige Ehefrau kennen zu lernen. Dieser Gedanke beflügelte mich.

Außerdem ist es durchaus sinnvoll, sich eine Stammkneipe zu etablieren. Nach und nach gehört man zum Inventar und kennt die anderen Stammgäste. Somit hat man sich einen Ort geschaffen, den man(n) jederzeit aufsuchen kann, wenn einem der Sinn nach einem Thekengespräch oder einem lecker Bier ist.

Das Mengwasser war genau der richtige Laden für dieses Vorhaben. Gut positioniert. Ansprechende Atmosphäre. Angenehmes Publikum. Und ich kenne bereits eine Bedienung, das Fräulein Jule.

Der Abend verlief dann natürlich nicht wie ersehnt. Der erste Dämpfer erwischte mich direkt beim Eintritt, Jule arbeitet heute nicht.

Unverdrossen fand ich einen Platz an der Theke und orderte ein Pilsbier, fest entschlossen heute Abend neue Kontakte zu knüpfen. Ich überdachte kurz noch einmal meine Erwartungen und kam zu dem Schluss, dass es durchaus möglich war, entweder einen neuen Thekenkumpel oder einen One-Night-Stand oder sogar meine zukünftige Ehefrau kennen zu lernen. Und wieder erfüllte mich dieser Gedanke mit einem wohligen Gefühl.

Ich trank mein Bier und blickte mich interessiert um. Es war Sonntag und nicht so voll, wie ich es von anderen Wochentagen gewohnt war, was nicht heißen soll, dass der Laden schlecht besucht war. Auch heute war ein großes Publikum anwesend.

Ich hatte allerdings den Eindruck, dass hauptsächlich Pärchen hier waren.

Ich bestellte mir ein neues Bier und musterte weiterhin das Publikum. Aber es gab nichts aufregendes zu entdecken. Ich saß alleine am Tresen und kippte alleine Bier in mich rein.

Zwischen der vierten und fünften Flasche Becks überkam mich eine matte Ernüchterung: heute Abend war nicht der Abend.

Diese Erkenntnis versetzte mir einen empfindlichen Stich, den ich versuchte mit einem weitern Bier zu verarzten.

Irgendwann bezahlte ich meinen Deckel und trat hinaus auf die Straße. Das Blut rauschte in meinem Kopf und ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich hatte keine Lust mein provisorisches Nachtlager aufzusuchen, aber wohin konnte ich jetzt noch gehen?

 

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