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home » tagebuch » 07.05.2004
TAGEBUCH: 07.05.2004 notes of a dirty old man
Schwein

Romantiker

Nachdem ich mit Luci im Vudu-Cafe feudal gefrühstückt hatte, fühlte sich mein Magen schon wieder ganz okay an. Aus Übermut bestellte ich mir ein Konterbier, mit dem irrwitzigen Glauben, es würde den Kater vertreiben. Stattdessen lockte mich mal wieder der Suff und ich widerstand nicht. Ich betrank mich viehisch.

Als ich heute Morgen aufwachte, fiel mir als erstes auf, dass ich nicht in meinem Bett lag. Ich lag auf der Seite und hatte die Embryostellung eingenommen. Mein Kopf ruhte auf einem Arm. Ein zweiter Arm hielt mich umklammert. An meinen Rücken schmiegte sich ein warmer Körper. Mir erinnerte mich bruchstückhaft und mir wurde klar, wo ich war. Ich lag in Lucis Bett, in Lucis Armen und sie duftete verführerisch wie der Frühling.

Ich selber roch leider nicht so gut, eher nach einer scheußlichen Kombination aus Rauch und Bier. Und wenn ich durch den Mund atmete, bemerkte ich noch einen ekelerhegenden säuerlichen Geruch. Ich wagte nicht, mit meiner Zunge meinen Mundraum abzutasten.

Ich löste mich aus der zärtlichen Umklammerung und schlich mich lautlos ins Bad, voller Selbstekel. Ich duschte schmerzhaft heiß, damit sich meine Poren öffneten und all der Schmutz der vergangen Nacht ausgespült würde. Danach wusch ich mir, in Ermangelung einer Zahnbürste, den Mund mit Duschgel aus.

Nach dieser selbstquälerischen Tortur fühlte ich mich zwar angeschlagen, aber auch schon fast wieder wie ein Mensch. Ich ging in die Küche und kochte Kaffee.

Während die Maschine unter Stöhnen und Spucken damit beschäftigt war, heißen Kaffee aufzubrühen, steckte ich mir eine Zigarette an. Ich wartete geduldig und rauchte gierig. Meine Gedanken schlugen Purzelbäume, ich konnte ihnen nicht folgen.

Mit einem Tablett auf dem ein schwarzer Kaffe mit einer beiliegenden Zigarette und ein Milchkaffee standen, betrat ich wieder das Schlafzimmer.

'Guten Morgen! Mein Name ist Jerry Kotton! Ich bin G-Man und ich bringe den Kaffee, Madam!', rief ich, als ich an Lucis Bett trat.

Luci drehte, wälzte und streckte sich in ihrem Bett, bis sie ihre Augen öffnete.

'Du bist bekloppt! Nicht nur so ein bisschen verrückt, was ja recht charmant sein kann. Deine Verrücktheit ist pathologisch! Du machst mir Angst!'

'Ich mache Dir doch nicht wirklich Angst, oder? Ich bringe Dir doch nur einen Kaffee!'

'Hank, dass mit dem Kaffee ans Bett wäre eigentlich wirklich charmant, aber guck mal auf die Uhr! Es ist nicht mal 6!'

'Carpe diem! Pflücke den Tag! Nur der frühe Wurm wird gefressen oder wie das heißt!'

'Ich werde jetzt mal ausnahmsweise mit Dir Kaffee trinken, aber nur dieses eine Mal, weil ich weiß, dass mit Dir etwas nicht stimmt.'

'Alles klar. Was meinst Du?'

'Nein, nichts ist klar. Du trinkst zu viel!', sagte Luci und guckte mir unbarmherzig in die Augen.

'Was willst Du von mir?'

'Dass Du mir ehrlich sagst, was in Dir vorgeht? Was ist mit Julia?'

'Du willst wissen, was in mir vorgeht? In mir? Das weiß ich doch selber nicht. Julia ist Vergangenheit. Es passte einfach nicht. Nichts passte. Alles Scheiße!'

'Warum passte es nicht?'

'Warum? Warum? Warum? Keine Ahnung! Ich hab sie geliebt, wirklich geliebt. Aber sie ging mir auf die Nerven. Ich hab's einfach nicht ertragen. Julia war einfach zu viel. Und trotzdem vermisse ich sie. Bei jedem Atemzug.'

'Und trotzdem willst Du noch immer heiraten?'

'Ja!'

'Du willst heiraten?'

'Ja!'

'Das verstehe ich nicht.'

'Ich wünsche mir einen Menschen an meiner Seite, der mit mir die Welt entdeckt, Der bei einem Sonnenuntergang genau das Gleiche empfindet, wie ich. Der meine Träume versteht und mit mir Pferde stehlen würde. Der mich mitreißt und fesselt. Dem ich wichtig bin. Und der mir wichtig ist.'

'Aber warum heiraten?'

'Heiraten ist natürlich totales Spießertum. Aber ich will an die Worte »Bis das der Tod euch scheidet« glauben. Ich weiß genau, dass fast jede zweite Ehe geschieden wird. Aber ich will trotzdem an die Ehe glauben.'

'Du bist ein Romantiker! Und jetzt lass uns noch ein wenig schlafen. Komm her.'

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