The Art of French Kissing
Was machte ich nur alleine in Paris? In Frankreich? Einem
Land, dessen Sprache ich nicht sonderlich beherrschte und
dessen Geflogenheiten mir fremd waren.
Mein unrasierter Fahrer, Mesut, war wieder auf dem Rückweg.
Ich war alleine in Paris geblieben, trotz Müdigkeit und
Hunger. Ich streifte ziellos durch die Straßen und Gassen
der Millionen-Metropole, auf der Suche nach einem Kaffee bzw.
Café.
In Paris gab es zahllose Cafés und Bistros, aber ich
wollte nicht in dem erst Besten einkehren. Ich hatte es nicht
eilig. Das Wetter war freundlich und mir war nach spazieren.
Vielleicht würde ich ja über die Liebe stolpern.
Irgendwann entschied ich mich für ein kleines Bistro
mit Blick auf die Seine. Ich bestellte mir ein großes
Frühstück, natürlich mit Croissant, Café
au lait, Baguette, Konfitüre, Ei, Schinken und Käse,
dazu rauchte ich filterlose Gitanes.
So schmeckte mir mein Aufenthalt in Paris. Der Kaffee weckte
meine Lebensgeister und die Sonne, die durch die breite Fensterfront
schien, wärmte mein Gesicht. Peu au peu stellte sich
Wohlbefinden bei mir ein. 'Leben, wie Gott in Frankreich',
kam mir in den Sinn und ich schmunzelte.
Ich war gerade dabei mein Croissant kundig in meinen Café
au lait zu tunken, da schwebte eine junge braunäugige
Schönheit vor dem Fenster vorüber. Ich blickte ihr
direkt in ihre Rehaugen. Sie bemerkte mich ganz offenbar und
schenkte mir ein zauberhaftes Lächeln, aber ich empfand
in diesem Augenblick nichts. Diese Unbekannte war sehr sexy,
ganz offenbar. Ich war es nicht. Ich war müde.
Dennoch lächelte ich reflexartig zurück. Die rehäugige
Schönheit erwiderte mein roboterhaftes Lächeln indem
sie stehen blieb und mir zuwinkte. Auch ich winkte, ohne darüber
nachzudenken.
Sie betrat das Café und ging lächelnd auf mich
zu. Mir kam es so vor, als ob alles Gäste für einen
Moment inne hielten und sie ansahen. Als sie vor meinem Tisch
stand, erkannte ich, dass sie noch viel hübscher war,
als ich bisher wahrgenommen hatte. Ich begann zu schwitzen.
Verdammte Scheiße.
'Hi! Du bist ein Tourist, oder? Woher kommst Du? Was machst
Du hier?', sagte die Unbekannte auf Englisch mit einem sexy
Akzent.
'Hallo! Mein Name ist Hank. Ich bin hier wegen der Liebe!'
'Das ist ein guter Grund!', sagte das Rehauge, wisch sich
eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte noch
einen Hauch zauberhafter.
Meine Poren öffneten sich gnadenlos. Ich klebte auf
meinem Stuhl und in meinem Kopf fing alles an zu rotieren.
Noch vor wenigen Augenblicken hasste ich Paris. Jetzt war
ich hellwach, elektrisiert und begeistert. Vielleicht sogar
ein bisschen verliebt. Ich sagte nichts. Mir fehlte der Atem.
'Hank, ist hier noch frei? Ich würde mich gerne setzen.'
'Natürlich! Sehr, sehr gerne! Bitte! Nimm Platz!', schrie
ich fast - ich hatte die Kontrolle über meine Stimme
verloren, es war peinlich. Ich sprang auf, ging um den Tisch
und bot ihr einen Stuhl an.
'Danke. Sehr aufmerksam!', unkte sie und warf mir einen neckischen
Augenaufschlag zu.
'Was kann ich Dir bestellen? Und wie heißt Du überhaupt?'
'Jasemine.', antwortete sie und lächelte mich wieder
an, 'Was ich trinken will? Bestell das Richtige. Das entscheidet
alles.'
Ohne über Jasemines Worte nachzudenken bestellte ich
Champagner.
'Champagner ist okay. Bordeaux wäre besser gewesen.
Rot! Wie die Liebe.'
'Das wusste ich nicht.'
'Natürlich nicht. Du bist ja auch auf einer Expedition.'
''Expedition?'
'Du bist auf der Suche. Du willst in Paris die Liebe entdecken!
Und Du bist so niedlich ahnungslos.'
Ich starrte Jasemine an. Sie war wunderschön. Ihr Busen
bebte beim Atmen. Sie sagte so seltsame Dinge, die ich nicht
verstand. Und ihr Akzent war unglaublich sexy. Sie war die
Sünde selbst. Ich war verliebt.
'Ahnungslos?'
'Ja, sogar sehr. Du bist naiv! Du glaubst noch an die Liebe.
Die kann ich Dir nicht zeigen. Ich kann Dir aber französisch
beibringen.'
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