Rosie's - forever in love
Anna-Lena hatte gestern Geburtstag und sie lud ins Rosie's.
Ich folgte ihrem Ruf gerne, denn ich erwartete dort Rita wieder
zu sehen. Ich rasierte mich, gurgelte mit Odol, duschte, bestäubte
mich mit Fahrenheit und wählte mit Bedacht eine Unterhose
aus. Dann ging ich ins Rosie's.
Meine Erwartungen an den Abend waren gering - eigentlich
hatte ich gar keine. Anna-Lena und ich waren so unterschiedlich,
dass sich der abgegriffene Vergleich mit Mars und Venus förmlich
aufdrängte.
In ihrer Welt war ich ein Fremder in der Fremde. Ich stieß
auf allerlei Riten und Codes, die ich nicht kannte und nicht
verstand. Irgendwann hörte ich einfach auf, mich zu wundern.
Ich vergaß meine Erwartungen und fing an, die Zeit mit
den Mädels zu genießen. Was sehr leicht fiel!
Ich traf pünktlich gegen 20 Uhr im Rosie's ein und war
natürlich der erste. Ich fühlte mich so 'was von
uncool. Das konnte ich nur durch ein schnelles Bier
abfangen.
Ich entzündete mir eine Zigarette und musterte den Laden.
Mir war langweilig und ich fühlte mich unwohl. Und das
Bier ließ auf
sich warten. Ich merkte, wie ich unentspannt wurde. Ich steckte
mir eine weitere Marlboro an und versuchte nachzudenken. Es
gelang mir nicht. Zu viele Gedanken schwirrten durch meinen
Kopf und keiner war greifbar. Ich wurde allmählich unruhig
und unsicher.
Es war gerade mal 20:15 Uhr da führte ich bereits die
dritte Zigarette zu meinen Lippen, als zeitgleich Rita das
Rosie's betrat und mir ein Bier
serviert wurde. Mich überkam ein warmer Schauer. Und
ich wurde augenblicklich ruhiger.
Rita bestellte sich einen Milchkaffee, um ihre Lebensgeister
zu wecken. Ich trank Bier,
um meine Dämonen zu beruhigen.
Ich sagte nichts. Und sie sagte auch nichts. Stille. Trotzdem
fühlte ich mich unendlich wohl, denn es herrschte Ruhe
und nicht peinliches Schweigen zwischen uns.
Kurze Zeit später, viel zu früh, betraten Anna-Lena
und ihr Anhang das Rosie's. Es kam zu einem großen Hallo,
zu Küsschen rechts und links und zu herzlichen Geburtstagsglückwünschen.
Danach wurden erst einmal Getränke bestellt. Prosecco
auf Eis für die Mädels und Bier
für die Jungs. Cheers!
Nach der ersten Aufregung wurden die Geburtstagspresente
überreicht. Ich hatte für Anna-Lena das Live-Album
von Portishead besorgt. 'Roseland NYC Live' war meiner Meinung
nach, der gefälligste Einstieg in die wundersame Welt
von Portishead. Ohne Portishead wollte ich keinen Tag länger
leben. Warum sollte es also Anna-Lena?
Den Vogel schoss aber Rita mit ihrem Spaßgeschenk ab:
Der Chickendance-Ernie war eine selten dämliche
Plüschfigur mit eingebautem Motor und Lautsprecher, die
auf Knopfdruck albern rumzuckte und den Ententanz quakte.
Es ist nicht zu beschreiben, wieviel Freude dieses Kinderspielzeug
in die Gesichter von erwachsenen Menschen zauberte. Lag es
vielleicht nur am Alkohol? Oder waren wir wirklich so albern?
Wir bestellte fleißig Getränke, ließen Ernie
zappeln und lachten. Wir hatten eine gute Zeit. Langsam glühten
die Gesichter vom Alkohol und die Stimmung wurde ausgelassener.
Plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem linken
Oberschenkel, die mich zärtlich streichelte. Es war Ritas
Hand. Ich war elektrisiert. Ich drehte mich zu ihr und versank
augenblicklich in ihren Augen. Sie beugte sich vor und küsste
mich intensiv.
'Ich heiße gar nicht Rita.'
Was hatte sie gesagt? Ich verstand gar nichts mehr? Und womit
hatte ich diesen leidenschaftlichen Kuss verdient?
'Was?', etwas originelleres fiel mir gerade nicht ein.
'Ich sagte, dass ich nicht Rita heiße?'
'Wie? Was soll das denn jetzt? Ich verstehe nicht, was Du
mir sagen willst.'
'Ich heiße nicht Rita!'
'Sondern?'
'Julia!'
Julia? Nicht Rita! Sondern Julia! In meinem Kopf stieg ein
tiefes Brummen auf, das ganz allmählich alle Gedanken
übertönte. Ich spürte deutlich den Alkohol.
Mein Hirn machte eine Rolle rückwärts.
'Entschuldige, bitte. Ich komme gerade nicht klar...'
Sie beugte sich wieder zu mir und küsste mich wieder,
diesmal noch leidenschaftlicher. Ich war kurz davor meinen
Verstand zu verlieren. Was war hier los?
'Wieso heißt Du nicht Rita? Was ist hier los?'
'Du hast mich einfach Rita genannt und ich habe das Spiel
mitgemacht. Ich fand's einfach witzig. Mein wirklicher Name
ist aber Julia.', sie lachte, guckte mir dabei tief in die
Augen und streichelte wieder meinen Oberschenkel. Ich spürte,
wie meine Beine sich in Pudding auflösten.
'Hallo Julia! Schön Dich kennen zu lernen! Der Name
passt viel besser zu Dir!', ich mußte grinsen. Hallo
Julia. Hallelujah.
'Hallo Hank! Auch schön Dich kennen zu lernen. Sag mal,
kann ich vielleicht bei Dir übernachten?', dabei glitt
ihre Hand zur Innenflanke meiner Oberschenkel.
In dieser Nacht hatte ich zum ersten Mal Sex mit Julia. Es
war unglaublich. Sogar besser als mit Rita. Die Welt blieb
kurz stehen und ich hielt mich an Julia fest.
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