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home » tagebuch » 18.01.2004
TAGEBUCH: 18.01.2004 notes of a dirty old man

Lambchop, Kinski und ich

Am gestrigen Samstag hatte ich nichts Besonderes vor . Ich stand kurz vor neun Uhr auf und setzte gewohnheitsgemäß als erstes Kaffee auf. Dann schlüpfte ich in gemütliche Klamotten und ging, ungewaschen und ungeduscht, mit Bruce zum nahe gelegenen Kiosk und kaufte mir eine Tageszeitung. Bruce entleerte sich anbei. Zurück in meiner Wohnung, war der Kaffe fertig und ich pflanzte mich aufs Sofa, bewaffnet mit einem Becher Kaffee, Marlboros und der Zeitung. Perfekt!

Nicht ganz! Ich stand noch einmal auf, stellte mich vor mein CD-Regal und suchte. Die Suche zog sich einige Minuten in die Länge, denn mir war nicht klar, was ich eigentlich suchte. Dann irgendwann stieß mein Blick auf Grandaddy 'Under The Western Freeway'. Gute Wahl!

Ich setzte mich zurück aufs Sofa und machte es mir gemütlich. Zwischendurch wechselte ich noch in paar mal die Musik (Beth Gibbions, Stevie Wonder, Ryan Adams), oder holte mir einen weiteren Becher Kaffee. Bis dann um etwa zwölf Uhr das Telefon überraschend klingelte. Cris war dran:

'Hi! Bin in der Stadt! Was geht?'

'Alles! Warum, was hast Du vor?'

'Ein paar CDs kaufen. Und mal sehen. Wann trefft ihr euch immer zur Erbsensuppe?'

'Eigentlich um eins. Heute aber nicht. Walter ist doch in Shanghai. Mit ihm steht und fällt die Erbsensuppentradition. Es sei denn, Du willst einsteigen.'

'Kann gemacht werden!'

'Sehr schön! Dann bin ich in ca. 30 Minuten am Karlsplatz. Bis gleich.'

'Okay. Bis gleich.'

Ich hechtete durchs Bad und dann auf meinem Drahtesel in die Innenstadt.

Ich traf Cris vorm WOM, den wir dann gemeinsam aufsuchten. Cris war auf der Jagd nach einem ganz bestimmten Chill-Out Sampler, 'Hotel Hostel' oder so, es war mir egal. Ich selbst verspürte kein Jagdfieber und so irrte ich unbeteiligt durch die schmalen Fluchten, umzingelt von CDs.

Danach gingen wir, es war mittlerweile genau 13 Uhr, auf den Markt und aßen eine Erbsensuppe mit Bauernwurst. Gibt es etwas Ehrlicheres?

Satt und glücklich durchquerten wir die Altstadt, um im Einhorn für ein Heißgetränk, vielleicht auch für ein Stück Kuchen, einzukehren.

Cris bestellte sich eine heiße Schokolade und ich mir eine Espressomilch. Wie üblich.

Nur wenige Augenblicke später war nichts mehr wie üblich. Nachdem die aparte, etwas zu hektische, Kellnerin uns unsere Getränke serviert hatte, verfiel Cris in einen Redeschwall. Er erzählte mir von Caro, der Schwangerschaft, seinen Vaterfreuden, den Untersuchungen und Ultraschallaufnahmen. Er erklärte mir den Sinn von Fruchtwasseruntersuchungen und dass schwangere Frauen streckenweise allergisch auf Zärtlichkeiten reagieren, andererseits der aber Sex animalisch sei. Er referierte über Natürliche- und über Wassergeburten. Über all die vielen Eltern-Ratgeber. Und über die große Aufgabe und Verantwortung einen Namen auszuwählen.

Hätte ich in Cris Ausführungen nicht soviel Freude, Stolz und Begeisterung gespürt, hätte ich ihn sicher ausgeknockt, denn eigentlich interessierte mich das alles nicht sonderlich und schon gar nicht in dieser Ausführlichkeit. Aber ich freute mich mit ihm.

Nach dem Kaffee kam der Kuchen. Und nach dem Kuchen kam das unvermeidliche Bier.

Wir saßen stundenlang zusammen und Cris erzählte. Manchmal erwischte ich mich dabei, dass ich nicht zuhörte, weil ich mit meinen Gedanken ganz woanders war. Ich war verliebt. Ich träumte. Von ihr.

Um Mitternacht war Cris so betrunken, dass er nicht mehr reden konnte. Um genau zu sein, er konnte gar nichts mehr. Er plumpste wie ein nasser Sack von seinem Hocker und blieb bewegungslos auf dem dreckigen Fußboden liegen.

Ich sah nach ihm, überprüfte seinen Puls. Alles okay. Ich bezahlte und schleppte ihn raus direkt in ein Taxi. Das Fahrer und ich brachten Cris nach Hause. Ich schleppte ihn die Treppen hinauf und Cris dankte es mir, indem er in der zweiten Etage vor die Wohnungstür 'Deutschmann' kotzte. Caro freute sich natürlich sehr, als sie mich mit einem kalkweißen Cris sah. Ihre Vorwürfe und Beschimpfungen erschütterten das gesamte Treppenhaus. Dann nahm sie sich aber doch dem Vater ihres ungeborenen Kindes an und ich konnte gehen, vorbei an der Pfütze aus Erbrochenem.

Das Taxi war längst wieder weg. Ich überlegte kurz, dann entschied ich mich zu einem Spaziergang. Ich ging zum Fluss. Nicht der direkte Weg, aber der schönere. Ich entzündete ein Zigarette und schlenderte die Promenade hinab.

Irgendwann wollte ich nicht mehr gehen. Die Füße taten mir weh. Und ich war müde. Ich suchte ein Taxi und ließ mich nach Hause bringen.

Ich warf nur noch meine Klamotten ab und sprang ins Bett, die Uhr zeigte 04:13.

Am heutigen morgen hatte ich einen Bieberschwanz im Mund. Also als erstes Zähne putzen und mit Odol durcvhspülen, dann erst Kaffee aufsetzen.

Komischerweise geisterte ein Kinski Zitat durch meinen dumpfen Kopf:

'Ich bin nach deinem roten Mund so krank, der sich an meinem Blut betrank.'

Wo kamen diese Worte auf einmal her? Ich überlegte angestrengt, konnte mir aber keinen Reim darauf machen. Schon seltsam, was einem manchmal in den Sinn kommt.

Ich durchsuchte mein Bücherregal und wurde fündig: Klaus Kinski 'Ich bin so wie ich bin'. Danach legte ich wie selbstverständlich Lambchop 'Is A Woman' in den CD-Spieler, die perfekte musikalische Untermalung für diese graue Jahreszeit.

Ich setzte mich aufs Sofa und begann Kinskis Autobiografie quer zu lesen.

Manchmal sind Sonntage einfach so: Lambchop, Kinski und ich.

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