1000 Russen
Ich wusste nicht wirklich etwas mit mir anzufangen, so kam
mir die Idee, mal wieder den guten Bob
zu besuchen.
Als ich bei Bob
unangemeldet auf der Matte stand, empfing er mich mit seiner
beiläufigen Herzlichkeit. Er hatte sich offenbar gerade
einen Rohrbuschtee aufgegossen, den er mit etwas Kiff verfeinert
hatte, und war dabei etwas in seine Tastatur zu hacken.
'Hank! Komm rein. Willst Du einen Spezial-Tee?'
'Wohl eher nicht!'
'Du verpasst was! Such Dir einen Platz.'
'Mach ich.'
'Hast Du schon Kill Bill Part 2 gesehen? Ist im DVD, allerdings
leider nur eine japanische Version. Habe bisher noch keine
andere gefunden. Man versteht kein Wort. Ist trotzdem cool!'
'Ich kann mich zurückhalten. Ich habe noch nicht mal
den ersten Teil gesehen. Ich warte auf eine Doppelvorführung!'
'Auch o.k.! Mach was Du willst. Ich habe auch ein paar neue
CDs. Vielleicht interessiert Dich ja was. Auf dem Wohnzimmertisch
liegt alles, bau Dir einen! Und auf dem Balkon findest Du
KöPi. Ich muss hier noch etwas machen, aber dann bin
ich bei Dir.'
'Lass Dir ruhig Zeit. Ich hol mir ein Bier.'
Ich holte mir ein KöPi vom Balkon und griff blindlings
nach einer CD aus dem mächtigen unübersichtlichen
Stapel. Ich erwischte eine Platte von den Detroit Cobras.
Glück gehabt!
Ich legte die CD ein und setze mich aufs Sofa. Die Musik
rockte und ich öffnete mein Bier und entzündete
eine Zigarette. Bobs Grass, das vor mir auf dem Tischchen
lag, ignorierte ich.
Ich öffnete gerade mein zweites Bier,
da wendete sich Bob mir zu.
'Tut mir leid, aber ich hatte Dich echt nicht erwartet.'
'Du musst Dich wirklich nicht entschuldigen. Schließlich
habe ich Dich überfallen.'
Bob holte sich ein Bier und prostete mir zu.
'Sag an, was gibt's?'
'Was meinst Du?'
'Hank, ich kenne Dich. Wenn Du mich spontan besuchst, dann
hat das einen Grund!'
'Bin ich so berechenbar?'
'Ja! Was ist los?'
'Ich weiß es selber nicht. Ich glaube, ich bin verliebt.'
'Wo ist das Problem?'
'Es ist hoffnungslos!'
Bob holte noch
zwei frische Biere
und machte sich dann daran einen Joint zu bauen. Ich hatte
ihn schon oft dabei beobachtet und ich kannte den Ablauf ganz
genau. Diese Prozedur hatte Bob perfektioniert und er wirkte
in diesem Moment nicht mehr wie ein behäbiger Bär,
sondern wie ein buddhistischer Mönch beim Tee-Ritual.
'Die einzig relevante Frage ist doch, was willst Du?'
'Ich weiß es nicht.'
'Was weißt Du nicht? Ob Du verliebt bist oder ob Du
einen Zug nehmen willst?'
Ich nahm einen tiefen Zug und einen großen Schluck,
ohne zu wissen, was ich wirklich wollte.
'Hank, weißt Du, was uns fehlt? Schnaps und laute Musik!'
Eigentlich fehlte mir genau das nicht, aber Bob
war entschlossen. Er wollte in den Weißen Bären
und ich folgte ihm.
Im Weißen Bäre dröhnten
die Boxen und mir die Ohren.
Bob fühlte
sich sichtlich wohl, begrüßte zahlreiche Menschen
und organisierte für uns Bier
und Schnaps. Schnaps mußte zwar nicht sein, aber ich
zog mit. Und wir soffen wie 1000 Russen.
Ich wusste noch immer nicht, was ich wollte. Aber darüber
dachte ich auch nicht mehr nach. Dafür war ich schon
zu betrunken.
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