Atropin
Anwendung
Atropin ist die Leitsubstanz der Parasympatholytika und
ist in den Blättern und Wurzeln der Tollkirsche
enthalten. Die botanische Bezeichnung der Pflanze ist Atropa
belladonna. Atropin wird in der Augenheilkunde zur Erweiterung
der Pupillen und im Bereich des Magen-Darm-Trakts bei Krämpfen
der glatten Muskulatur eingesetzt. Zusätzlich kann Atropin
bei Dysurie, also erschwerter Blasenentleerung, bei Inkontinenz
und zur Behandlung einer Reizblase gegeben werden. In der
Frauenheilkunde wird Atropin bei Dysmenorrhoe (schmerzhafte
Regelblutung) eingesetzt.
Wirkungsmechanismus
Atropin gehört zu der Gruppe der Anticholinergika, die
als Antagonisten, also als Gegenspieler an dem System des
Parasympathikus angreifen und die Wirkung von Acetylcholin
hemmen. Atropin wird daher auch als Parasympatholytikum bezeichnet.
Dadurch kommt es zu einer Beeinflussung verschiedener Körperfunktionen,
wodurch auch viele Nebenwirkungen dieser Substanzen erklärt
werden können. Erwünscht ist dabei eine erschlaffende
Wirkung auf die glatte Muskulatur, die auch in der Harnblase
vorkommt. Hier wird durch Atropin der erhöhte Spannungszustand
der Blasenmuskulatur vermindert und damit eine erhöhte
Blasenkapazität erreicht. Für Patienten mit Dranginkontinenz
oder kombinierter Stress-/Dranginkontinenz bewirkt die erhöhte
Blasenkapazität eine Verminderung der Entleerungshäufigkeiten.
Somit werden Pollakisurie und Nykturie durch die Gabe von
Atropin verbessert. Besonders diese Wirkung kann die Lebensqualität
von Betroffenen deutlich verbessern, weil die Zeit für
Aktivitäten zwischen den Toilettengängen ansteigt.
Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen von Atropin ergeben sich größtenteils
durch die hemmende Wirkung auf den Parasympathikus. Am häufigsten
wird eine Mundtrockenheit bemerkt, die für einige Patienten
sehr lästig ist. Weitere Nebenwirkungen, die den Verdauungstrakt
betreffen können, sind Appetitlosigkeit, Übelkeit,
Verstopfung oder Erbrechen. Zusätzlich kann es zu einer
Tachykardie, also zu einer Beschleunigung der Herzfrequenz
und zu zentralnervösen Störungen, wie beispielsweise
Unruhe oder Halluzinationen, kommen. Durch eine lähmende
Wirkung auf die Muskulatur am Auge können Akkommodationsstörungen
die Folge sein, die sich dadurch bemerkbar machen, dass Schwierigkeiten
auftreten, einen anvisierten Gegenstand scharf zu erkennen.
Außerdem kann sich der Augeninnendruck erhöhen,
wodurch sich das Risiko für das Auftreten eines Glaukoms
vergrößert. Zusätzlich kann die Abnahme der
Schweißdrüsensekretion Rötungen der Haut und
einem Wärmestau nach sich ziehen. Ferner können
Miktionsbeschwerden, also Probleme bei der Entleerung der
Harnblase, auftreten.
Wechselwirkungen
Amantadin, Chinidin, Neuroleptika, sowie Tri- und Tetrazyklische
Antidepressiva:
Die aufgezählten Arzneimittel können die anticholinerge
Wirkung von Atropin verstärken.
Dopaminantagonisten, wie z. B. Metoclopramid:
Wenn Atropin und Dopaminantagonisten zusammen verabreicht
werden, kann es zu einer gegenseitigen Abschwächung der
Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt kommen.
Gegenanzeigen, Kontraindikationen
Bei einem bereits bestehenden Engwinkelglaukom und bei Tachyarrhythmien,
also bei einem unregelmäßigen Herzschlag mit gleichzeitiger
Erhöhung der Herzfrequenz, darf Atropin nicht gegeben
werden. Ferner sind mechanische Stenosen im Bereich des Magen-Darm-Trakts
sowie Blasenentleerungsstörungen mit Restharnbildung
Gegenanzeigen für eine Therapie mit Atropin. Ferner darf
die Substanz nicht bei der krankhaften Muskelschwäche
Myasthenia gravis angewendet werden. Außerdem dürfen
die zu behandelnde Pollakisurie und die Nykturie nicht auf
Grund einer Herzschwäche oder Nierenerkrankung bestehen.
Bei Patienten mit Herzerkrankungen, Nierenfunktionsstörungen
und schweren Magen-Darm-Erkrankungen muss die Anwendung von
Atropin sorgfältig abgewogen werden. Das Gleiche gilt
für Patienten mit Leberfunktionsstörungen, Schilddrüsenerkrankungen,
benigner Prostatahyperplasie und prinzipiell bei älteren
Patienten.
Schwangere Frauen dürfen Atropin nicht im ersten Drittel
der Schwangerschaft erhalten. Im weiteren Verlauf darf die
Substanz nur bei dringender Notwendigkeit verabreicht werden.
Bei stillenden Müttern können Anticholinergika zu
einer Verminderung der Milchproduktion führen und sollten
daher nicht angewendet werden. Außerdem gehen die Wirkstoffe
in die Muttermilch über und können das Neugeborene
schädigen. Kinder unter fünf Jahren dürfen
nicht mit Atropin behandelt werden. Bei Kindern über
fünf Jahren sollte Atropin nur nach sorgfältiger
Nutzen-Risiko-Abwägung gegeben werden. |