The Man in Black - Johnny Cash (1932-2003)
12.09.2003: John Ray Cash ist 71-jährig an den Folgen
einer schweren Diabetes in einem Krankenhaus in Nashville,
Tennessee, gestorben.
50 Jahre im Musikgeschäft
Bis zuletzt trug er immer Schwarz. Er hatte keinen Anlass,
daran etwas zu ändern. Im Gegenteil: Der Tod seiner Frau
June im Mai dieses Jahres gab Johnny Cash einen tiefschwarzen
Grund zur Trauer - und er schwächte wohl auch seinen
Lebenswillen. Cash war seit Jahren von Diabetes und anderen
Krankheiten geplagt. Er starb 71-jährig.
Erst am Montag entlassen
Cash war den Angaben zufolge erst am Montag nach mehrwöchiger
Behandlung aus dem Krankenhaus nach Hause geschickt worden,
um sich zu erholen.
Ende August hatte Cash wegen seines Gesundheitszustands
seine Teilnahme an der Verleihung der MTV-Awards absagen müssen,
bei denen das Video zum Song "Hurt" in acht Kategorien
nominiert war.
Langwierige Krankheit
Der Sänger hatte in den vergangenen Jahren an einer
Nervenkrankheit gelitten. Zwischen 1998 und 2003 war er zudem
sechs Mal wegen schwerer Bronchitis und Lungenentzündungen
im Krankenhaus.
König des Country
Mit Johnny Cash ist der unbestrittene "King of Countrymusic"
gestorben. Der US-Musiker war mit fast 50 Jahren im Musikgeschäft
längst eine lebenden Legende. Cash komponierte seit den
50er Jahren mehr als 500 Lieder und wurde mehrmals mit dem
US-Musikpreis Grammy geehrt.
Miterfinder des Rockabilly
Zusammen mit Elvis Presley, Jerry Lee Lewis und Carl Perkins
schuf er den Rockabilly, eine Synthese aus harter Countrymusic
und Rythm and Blues.
In den 60er Jahren war er mit seinen Songs, in denen er
sich für die Unterprivilegierten einsetzte, der erste
zornig-kritische Country-Sänger. In den 90ern schaffte
Cash nach mehrjähriger Funkstille ein glänzendes
Comeback mit seinen vier von Starproduzent Rick Rubin aufgenommenen
"American"-Alben.
Der Mann in Schwarz
Seit er 1971 sein Album "A Man in Black" veröffentlichte
sah man Johnny Cash nur in schwarzer Kleidung. Für die
Unterprivilegierten und Verlierer dieser Welt, sagte Cash.
Weil er so cool darin aussieht, sagte der giftige New Yorker
Kritiker Robert Christgau.
Doch Cash gelang das Kunststück, sowohl cool als auch
glaubwürdig zu bleiben. Die Versuchungen des Big Business
in Gestalt von Las Vegas und modischen Produktionen ließ
er links liegen, und auch in seiner tiefen Religiosität,
die sich in verschiedenen Gospel-geprägten Alben ausdrückte,
offenbarte er Biss, Ehrlichkeit und Präzision.
Musikalischen Ausdruck musste er nicht suchen, Cash wusste
stets, wie etwas zu klingen hatte. Dass es bei den weit über
hundert Alben, die er veröffentlichte, auch mal schwächere
gab, fällt kaum ins Gewicht: Cash irrte sich stets auf
hohem Niveau.
The Art of Cool
Es gab bessere Sänger in der Countrymusic, es gab bessere
Songschreiber und es gab bessere Gitarristen - aber es gab
niemanden, der cooler war. 53 Millionen Platten hat er nach
eigener Schätzung verkauft. Er spielte in Film und in
TV-Serien mit wie "Columbo" oder "Fackeln im
Sturm" und gab mit seiner "Johnny Cash Show"
im Fernsehen 1969-1971 auch anderen Künstlern ein Forum.
Gerade in Deutschland hat ausgerechnet er, der die Genrekonventionen
gern verletzte, das Phänomen "Country" populärer
verkörpert als jeder andere.
Songs für Unterprivilegierte
Er trat kostenlos in Gefängnissen auf. Am bekanntesten
sind seine Konzerte in den Zuchthäusern von San Quentin
und Folsom in Kalifornien, von denen es auch Alben gibt. Mit
beiden Alben überflügelte Cash 1969 in den Verkaufszahlen
sogar die Beatles.
Dem künstlichen Nashville-Sound mit der Fliesbandproduktion
kehrte er damit endgültig den Rücken. Neben Willie
Nelson und Waylon Jennings galt Cash schon immer als Wegbereiter
einer "alternativen" Country-Szene - nicht zuletzt
wegen seines Engagements für sozial Unterprivilegierte.
In den 90er Jahren schaffte der Sänger mit der charakteristischen
rauen Stimme nach mehrjähriger Funkstille ein glänzendes
Comeback: Die junge Rock-Generation hat Johnny Cash für
sich entdeckt.
The Cocaine Blues
Weniger gut hatte er zeitweise seinen Verbrauch beruhigender
und aufputschender Pillen im Griff.1965 geriet er wegen Drogenschmuggels
nach Mexiko ernsthaft in Schwierigkeiten und wurde verurteilt.
Nach einer Beinahe-Überdosis und einem schweren Autounfall
ließ sich seine Frau von ihm scheiden, was Johnny Cash
noch tiefer in die Depression stürzte.
Gemeinsam mit seinem Nashville-Kumpanen, dem Sänger
und Songschreiber Waylon Jennings, durchlebte er danach einen
Tiefpunkt seiner Karriere. Aber er traf in Nashville auch
June Carter, seine spätere Ehefrau und Muse, die ihn
von den Drogen wegzerrte, zum Christentum brachte und bis
zu ihrem Tode am 15. Mai 2003 der wichtigste Mensch in seinem
Leben war.
Sie half ihm auch, die schweren Krankheiten zu meistern,
die ihn in den vergangenen Jahren quälten: Sechs Operationen
wegen Bronchitis und Lungenentzündungen musste Cash seit
1998 überstehen, dazu litt er unter einer schweren, zu
Lähmungen führenden Nervenkrankheit.
Neuer Erfolg mit Rick Rubin
Es war der Starproduzent und Hip-Hop-Guru Rick Rubin (Beastie
Boys, Run D.M.C.), der ihm 1994 zum neuen Erfolg verhalf.
Mit ihm produzierte Cash seither die vier viel beachteten
Alben der "American"-Serie ("American Recordings"
1994, "Unchained" 1996, "Solitary Man"
2000 und "The Man Comes Around" 2002), die allesamt
mit Auszeichnungen überhäuft wurden.
Notiz
Quentin Tarantino schrieb über die auf "Murder"
versammelten Balladen: "In einem Land, das glaubt vom
Rassenkonflikt gespalten zu werden, obwohl es um wirtschaftliche
Klüfte geht, treffen Johnny Cashs Lieder vom Hillbilly-Banditen
mitten ins Herz der amerikanischen Unterschicht. Ich habe
mich schon oft gefragt, ob die Gangsta Rapper wissen, dass
sich ihre Reime von Johnny Cashs Geschichten über Hinterwäldler
kaum unterscheiden."
Bis zuletzt im Studio
Wegen seiner angeschlagenen Gesundheit gab Cash in den vergangenen
Jahren keine Konzerte mehr, arbeitete aber bis zuletzt intensiv
im Plattenstudio.
Um die Weihnachtszeit soll eine CD-Box mit bisher unveröffentlichtem
Material erscheinen, das der 71-Jährige im Laufe der
vergangenen zehn Jahre zusammen mit Rubin aufgenommen hat.
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